Speed auf Wasser – Die verdammte Sucht nach Geschwindigkeit
Es gab eine Zeit, in den 80ern, da war ich besessen. Speedsurfen war keine Leidenschaft, es war eine verdammte Sucht. Ich pendelte zwischen der Orther Bucht auf Fehmarn und dem Rhône-Delta in der Mistralzeit, immer auf der Jagd nach Wind, nach Geschwindigkeit, nach diesem gottverdammten Kick.
Der Wind war meine Droge, das Wasser mein Kampfplatz. Mein F2 Bullit war meine Waffe, eine messerscharfe Kante auf Gleitfahrt, bereit, sich in jeden Wind zu werfen, der stark genug war, mich fast aus den Fußschlaufen zu reißen. Ich liebte es. Ich liebte es, wenn die Böen so brutal wurden, dass das Segel vibrierte, die Finne zu tanzen begann, und der schmale Bug des Boards das Wasser nur noch berührte, um es in zwei peitschende Fontänen zu spalten.
Fehmarn – Die wilde Hure des Nordens
Fehmarn im Herbst. Die Orther Bucht war ein wilder, dreckiger Hund, wenn der Wind aus West kam. Eiskaltes Wasser, graue Wolken, Salzwasser auf den Lippen und Möwen, die schrien wie besoffene Matrosen in einer Hafenkneipe. Kein Scheiß, es war brutal. Aber genau das machte es so geil.
Wenn der Wind mit 8 oder 9 Beaufort von Westen kam, dann gab es kein Halten mehr. Die Welt wurde schmal, das Segel zog wie ein Wahnsinniger, und das Board begann zu schreien, ein feines, sirrendes Geräusch, das sagte: "Los jetzt, verdammt! Noch schneller!" Die Geschwindigkeit wurde zur Droge. Jeder verdammte Knoten mehr war ein Schuss Adrenalin direkt in die Seele.
Mistral – Der Bastard, der mich lebendig machte
Und dann war da das Rhône-Delta. Camargue und San Pere Pescador in der Bucht von Rosas und Leucate. Eine trockene, staubige Hölle mit ihren schwarzen Stieren, den weißen Pferden und diesem gottverlassenen Mistral, der so unvermittelt kam, dass du ihn förmlich schmecken konntest. Das war kein Wind – das war ein unsichtbarer Faustschlag. Heiß, dann kalt, immer böig, und er hatte nur ein Ziel: dich aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Aber wenn du ihn gezähmt hast, wenn du ihn begriffen hast, dann warst du König. Ich erinnere mich an diese Tage, wenn der Wind auf 9 Beaufort hochzog, der Himmel aussah, als würde er gleich auseinanderbrechen, und das Wasser aufbrauste wie ein tobender Mob. Ich war da draußen, mit meinem F2 Bullit, mein Segel auf Kante getrimmt, meine Füße in den Schlaufen wie in einem verdammten Kampfbomber. Die Nase runtergedrückt, der Körper tief, jede Muskelfaser gespannt. Ich flog.
Ich flog so schnell, dass meine Augen tränten, der Wind brüllte in meinen Ohren, und ich wusste, wenn ich jetzt stürzte, dann würde es mich zerschmettern wie eine Flasche Whisky an einer Hafenkante.
Ich lachte, schrie in den Wind, während ich mit über 60 km/h über das Wasser fegte. Ich war schneller als alles andere da draußen. Der Mistral war stark, aber ich war stärker. Ich war jung, unbesiegbar, süchtig nach Geschwindigkeit. Und wend Du wieder Boden unter den Füßen hattest wurden Deine Beine am Strand sandgestrahlt.
Rückblick mit Salzwasser in den Adern
Jetzt, Jahre später, sehe ich manchmal Videos von Speedsurfern, die mit Carbon-Brettern und Hightech-Segeln neue Rekorde brechen. 100 oder wie Björn 103 km/h der damals schon eine Ikone war. Sie haben GPS, sie haben perfekte Daten, sie wissen, was sie tun.
Aber sie haben nicht das Gefühl.
Sie waren nicht da, in den 80ern, mit einem F2 Bullit, einer verdammten Latzhose und einer Schnapsflasche im Van. Sie wissen nicht, wie es ist, am Strand zu schlafen, weil das Geld für ein Hotel zu knapp war, und morgens das Salz vom Gesicht zu wischen, bevor man sich wieder in den Wind warf. Sie kennen nicht den Geschmack von Sand im Mund, den Geruch von nassem Neopren und das pure, rohe Gefühl, wenn das Board abhebt und für einen Moment das gesamte verdammte Universum nur noch aus Geschwindigkeit besteht.
Nein. Das war unsere Zeit. Das war Windsurfen. Das war Speed.
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