Die Nacht war schwarz und still, bis auf das leise Brummen der Dieselheizung, die irgendwo in den Wäldern von Tschechien unter der Kabine ihr Werk verrichtete. Draußen knackten Äste im Frost, vielleicht ein Tier, vielleicht nur der Wind, der durch das Geäst kroch. Castor lag auf seiner Matte, eingerollt wie ein pelziger Wurm, die Ohren flach, die Augen halb geschlossen. Aber schlafen? Vergiss es.
Das verdammte Gebläse machte ihm Angst. Tief im Bauch der Kabine spuckte es warme Luft aus, und Castor traute dem Ding nicht. Er war ein Hund aus Fleisch und Blut, kein Maschinenfreund. Also blieb der Boden tabu.
Aber bei jedem Geräusch außerhalb der Kabine schlägt er sofort an laut und kräftig. Ein wahrer Verteidiger.
Ich hatte ihm ein Bett gemacht, aber er hatte es sich auf der Decke bequem gemacht, genau zwischen dem Fahrersitz und der Tür, als wollte er für alle Fälle den Notausgang blockieren. Ich verstand ihn. Neue Orte, neue Geräusche, neue Dämonen. Er musste sich erst hineinfinden in dieses Leben auf Rädern.
Morgens, als der Himmel blass wurde, weckte er mich mit seiner feuchten Nase. Nicht aus Hunger oder weil er pinkeln musste. Nein, er hatte etwas gesehen. Etwas Großes. Ich folgte seinem Blick aus dem Fenster. Da standen sie, wie aus einem alten Märchenbuch gepurzelt – Rehe, ihre schlanken Hälse angespannt, bereit zur Flucht, aber noch neugierig genug, um den seltsamen Kasten auf Rädern zu mustern.
Castor war hypnotisiert, sein ganzer Körper steif, als würde er jeden Moment durch die Windschutzscheibe springen.
Und dann – Wachteln. Sie kamen aus dem Unterholz, hüpften und scharrten, als wäre die Welt ihr Frühstückstisch. Castor sog die Luft ein, sein erstes echtes Abenteuer, und ich schwöre, in diesem Moment begriff er: Das ist das Leben. Das ist die Wildnis.
Ich setzte den Kaffee auf, brach ein Stück Brot ab. Die Sonne kroch langsam über die Baumkronen, legte sich auf die Windschutzscheibe, als wollte sie uns sagen: Willkommen im Morgen. Castor rollte sich auf den Rücken, streckte sich aus, ließ die ersten Sonnenstrahlen auf seinem Bauch tanzen.
Er hatte die erste Nacht überstanden. Die erste Angst, das erste Zittern. Jetzt war er ein Reisender. Und verdammt, ich glaube, er mochte es.
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