Mütterchen Wolga – Melancholie, Menschlichkeit und der Herzschlag eines Landes

Ein Reisebericht in zwei Tönen


Teil I – In den Schatten der Sonne

sie fließt nicht.  

sie zieht.  

die wolga.  

3.530 kilometer  

und jeder meter ein versprechen,  

das nicht gehalten wird.  

von den hügeln bei waldai  

bis ins kaspische meer  

wälzt sie sich durch die seele russlands  

wie eine alte frau  

mit zu vielen erinnerungen  

und zu wenig trost.

hier, bei stalingrad,  

wo der wind durch die steppen pfeift  

als hätte er vor 80 jahren  

noch nicht genug geschrien,  

steht die sonne tief,  

sehr tief.  

sie fällt wie blei  

auf die wolga  

und macht aus wasser  

melancholie in flüssiger form.

ich traf menschen  

in tschetschenien,  

die mir brot gaben  

ohne zu fragen.  

in dagestan,  

bot man mir betten an,  

als wär ich ein verlorener sohn.  

in kalmückien  

lächelt man still  

mit einem blick,  

der mehr weiß  

als die bücher in unserer westlichen arroganz.

und wenn die sonne untergeht  

über mütterchen wolga,  

dann sitzt du da,  

vielleicht mit einem billigen wodka  

und schweigst.  

nicht weil dir nichts einfällt,  

sondern weil es zu viel wäre,  

es auszusprechen.

Teil II – Die Wolga in Fakten, Zahlen und Erinnerungen


Die Wolga ist Europas längster Fluss: 3.530 Kilometer vom Waldaihöhenzug bis ins Kaspische Meer. Sie ist nicht nur eine geografische Linie – sie ist Rückgrat, Schicksalsader und Symbol für das russische Selbstverständnis.

In ihrer Geschichte war sie Handelsstraße, Grenze, Schlachtfeld. Die große Schlacht um Stalingrad – heute Wolgograd – hat sich unauslöschlich in ihre Ufer gegraben. Noch heute tragen viele Orte an der Wolga den Nachhall dieser Vergangenheit in sich.

Der Fluss verbindet Städte wie Twer, Jaroslawl, Kasan, Samara, Saratow, Wolgograd und Astrachan. Über Stauseen und Kanäle wurde sie zur Lebensader der russischen Wirtschaft geformt – doch dieser technische Eingriff hat Spuren hinterlassen. Die Ökologie ist empfindlich, der Wasserstand sinkt, die Natur leidet still.

Und doch: Wer je an einem Sommerabend am Ufer saß, spürt die Melancholie dieser Landschaft. Sie ist nicht bedrückend. Sie ist tief. Ein Gefühl von Vergangenheit, Vergänglichkeit – und einer stummen Hoffnung, dass aus all dem Schmerz etwas Weiches wächst.

Mütterchen Wolga – du fließt durch ein Land, das dir ähnlich ist: verletzlich, widersprüchlich, stark.

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