Ich bin Castor. 6 Monate jung, schön wie ein Sonnenaufgang über dem Tbilisi-Stausee und clever genug, um de zwei Grundregeln dieser Welt zu kennen: Erstens, alles riecht besser, als es schmeckt. Und zweitens, wenn der Alte sagt „Ich hab da mal ’ne Idee“, wird’s entweder gefährlich, peinlich oder beides.
Diesmal wollte er uns einfach so nach Russland schmuggeln. Ohne gültiges Visum. Die Logik: Vielleicht sind die Grenzer ja bestechlich oder einfach zu müde für Bürokratie. Spoiler: Waren sie nicht. Aber die Georgier, die uns an der Ausreise hinderten, waren immerhin höflich dabei. Mehr Service als in manchem Hotel, ehrlich gesagt.
Also kein Russland. Kein „Transitvisum at arrival“. Kein „wir schauen mal, ob sich da was regeln lässt“. Stattdessen: Plan B. B wie „Back to the Valley“. Oder besser gesagt: hin ins Tal. Denn heute fahren wir los. Erst nach Sno, 15 km vor der russischen Grenze. Dann ins Truso Valley. Noch kennen wir sie nicht, diese sagenumwobenen Orte – aber sie werden kommen. Und sie werden uns was erzählen. Oder wir erzählen ihnen was, mit knirschenden Reifen, knurrendem Magen und einer Nase, die jedes Geheimnis riecht, das jemals warm und dampfend aus einem Pferdehintern fiel.
Sno soll ein Dorf sein, irgendwo zwischen Märchenkulisse und Lost-Place-Kitsch, mit einem Volleyballplatz, der mehr schief als bespielbar ist. Der Alte will sich das anschauen. Ich will schnüffeln. Vielleicht finde ich ein paar vergessene Haufen voller Geschichten.
Dann: Truso Valley. Der Name klingt wie ein Versprechen. Oder eine Falle. „Trust“ – Vertrauen. Ja klar. Ich vertrau erst mal gar nichts. Aber wenn das Tal hält, was die alten Geschichten versprechen – grüne Wiesen, zerfallene Häuser, Schäfer mit wettergegerbten Gesichtern und ein Bach, der wie Bier klingt – dann bleib ich vielleicht. Zumindest für ein paar Häufchen.
Der Isuzu mit der Geocamper-Kabine wird sich seinen Weg bahnen, über Geröll und Staub, als wär’s eine Königsstraße. Und ich werde tun, was ich am besten kann: überall reinlaufen, alles ablecken, nichts bereuen.
Der Plan ist einfach: Zeit totschlagen, bis am Freitag das E-Visum kommt. Und dann: Russland. Wenn die Bürokratie uns nicht wieder den Mittelfinger zeigt.
Harald und Gerhard sind derweil noch an der Grenze. Oder schon drin. Russland, meine ich. Die zwei alten Hasen mit ihren Pässen und ihrer Erfahrung. Wir sehen uns in Kasachstan wieder, sagen sie. So Gott will. Oder inshallah. Ich glaube ihnen. Die haben schon ganz andere Grenzen geknackt.
Bis dahin bleibt uns nur die Hoffnung auf Pferdeäpfel, Landschaftsromantik und dass der Alte nicht wieder auf dumme Ideen kommt. Aber wer weiß. Vielleicht wird’s ja schön.
Oder wenigstens spektakulär schräg.
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