Tag 12 – Doğanyurt, Wolkendecke und der Geschmack von irgendwas Leckerem

Ich sag mal so: Es war einer dieser Tage, an denen selbst der Diesel gähnte. Nur 200 Kilometer. Für andere mag das reichen, aber wir sind nicht andere. Der Alte murmelte sich durch die Fahrt wie ein schlecht gelaunter Reiseführer mit Sonnenallergie. 
"Sieht aus wie Ligurien", knurrte er. "Nur dreckiger. Und die Gebäude… Gott, sind die hässlich."
Ich glaub, er war gelangweilt. Wenn er das Maul so weit aufreißt, ohne dass ein Lächeln rauskommt, dann fehlt ihm was. Wahrscheinlich 'ne steile Serpentine mit Absturzgefahr oder 'ne kaputte Kupplung – irgendwas, das ihm den Puls hochjagt.

Zum Glück war die Straße wenigstens kurvig, eng und so steil, dass der Alte kurzzeitig das Leben wieder liebte. Ich hörte's an seinem Atmen – dieser kleine, feuchte Ton zwischen Angst und Erregung. Fast erotisch.

Jetzt liegen wir am Hafen von Doğanyurt. Der Himmel hängt schwer wie ein nasser Teppich über uns. Der Alte nennt das "Wolkenverhangen", ich nenn das: perfekte Tarnung fürs Dösen.
Vorher war noch Stopp am Döner-Imbiss direkt am türkischen Hafen – so ein Ding zwischen Straßenküche und Familienbetrieb. Ich weiß nicht genau, was das war, was er da in sich reingeschaufelt hat – irgendwas mit Fleisch, viel Soße, Brot, Schärfe und einem Duft, der selbst tote Möwen aus dem Hafenbecken gelockt hätte.
Ich durfte die Reste aus seinem Bart lecken. Und verdammt – das war gut. Richtig gut. Ich hätt ihm fast nochmal in die Nase gebissen, damit er wieder was bestellt.

Die Hunde hier machen einen Bogen um mich. Große Augen, eingezogene Ruten. Vielleicht haben sie’s gehört: Dass ich gestern meinen Fahrer gebissen hab. Nicht aus Wut. Nicht aus Schmerz. Aus Prinzip.

Man muss sich schließlich Respekt verschaffen in dieser Welt.

Und ich, Castor – ich bin auf Tour. Der Alte auch. Nur er weiß es noch nicht so genau.

Keine Kommentare: