Ich heiße Castor.
Ich bin ein schöner Hund. Nicht hübsch, mit Schleifchen und so, sondern einfach schön. Das ist ein Unterschied.
Ich bin klein (noch, der Alte wird sich noch wundern) und charmant wie der Teufel und habe eine Zunge, die Götter und Göttinnen in Ekstase versetzt. Kein Witz – ich lecke, was sich lecken lässt, und die Damen lieben es. Ich bin nicht nur ein Hund. Ich bin ein verdammtes Naturereignis mit weichem Fell und durchdringendem Blick.
Wenn ich will, bleiben sie stehen. Streicheln mich. Sagen Dinge wie: „Na du Hübscher...“ Und ich weiß genau, was sie meinen. Ich lecke. (Gesicht) Und sie lassen es zu. Gerade eben, hier in Bulgarien hab ich eine abgeschleckt die danach kein Makeup mehr hatte. Mann, sah die danach aus..... 😂 Der Alte hatte nur gegrinst und sie fand es wohl geil. Hunde wollen ja normalerweise nur schnuppern aber die Mädels hier wollen geleckt werden.
Aber das hier ist keine Liebesgeschichte. Es ist ein verdammter Road- und Offroad-Trip. Eine Flucht nach vorne. Eine Suche nach dem, was irgendwo auf 4.655 Metern liegt – zwischen Geröll, Stille und dieser seltsamen Form von Frieden, die man nur findet, wenn einem keiner mehr schreibt.Man hat mich mal in eine Tötungsstation gesteckt, irgendwo in Ungarn, wo der Beton nach kaltem Eisen roch und die Nächte wie das letzte Kläffen vor dem großen Nichts klangen. Aber ich bin nicht gestorben. Ich hab einfach weitergeatmet. Und dann kam er. Der große Mensch mit dem Blick wie ein Hund, der schon zu viel gesehen hat.
Er war nicht wie die anderen. Keine Leckerlis, kein albernes „Sitz!“, kein Mitleid. Nur ein Blick, der sagte: Komm, Kleiner. Die Welt ist ein verdammter Sauhaufen, aber sie ist groß. Und wir haben Räder.Seitdem reisen wir. Und wir hören nicht auf.
Dies hier ist kein Tagebuch im klassischen Sinn.
Es ist mehr ein Auskotzen mit Stil. Eine Sammlung von Dreck unter den Pfoten, von Nächten, die nach billiger Zahnpasta und Diesel schmecken. Von Straßen, die dich auffressen und wieder ausspucken. Und von dem, was bleibt, wenn man nichts mehr hat außer einem rostigen Pickup, einem zerrissenen Himmel, und der Stille eines Ortes, den Google nicht kennt.
Das klang nach Blut und Poesie, nach endlosen Nächten, nach Geschichten, die nur die Straße schreiben kann. Ich reise allein. Na gut – fast allein. Da ist noch der Alte. Ich brauche ja einen der mich fährt.
Ein Kerl mit Vergangenheit, so schwer wie ein vollgetankter Dieseltanker im Gegenwind.
Seine Frau nannte ihn früher mal Jürgi, bevor sie starb. Jetzt nennt ihn niemand mehr so. Außer mir. Ich sag manchmal Hey, Alter, aber meistens schweige ich, so wie er. Er war mal irgendwas bei der Bundeswehr, ein Knochen aus Stahl, der gelernt hat zu funktionieren, selbst wenn’s weh tut. Später hat er Firmen geführt. Als Interim Manager, sagt er. Über zwanzig Jahre lang. Immer rein, wenn’s gebrannt hat. Immer raus, wenn alles wieder lief. Kein Zuhause. Kein Danke. Kein Applaus. Nur weiter.
Jetzt fährt er mit mir. Oder ich mit ihm. Oder wir beide mit der Vergangenheit im Gepäck.
Der Start war in der Steiermark, nicht in Bayern, verdammt nochmal. Dort, wo die Kühe nicht lügen, der Regen ehrlich ist und die Hügel aussehen wie das Rückgrat eines alten Riesen.
Wir haben nichts gesagt. Nur gepackt. Losgefahren. Richtung Osten. Richtung irgendwo. Er ist einer der chaotischen Typen der immer erst an der Kreuzung entscheidet ob er nach Ost oder West abbiegt und dann genauso stur wie ich weitergurkt, auch wenn`s beschissen wird.
Im Wagen riecht es nach Werkzeug, feuchtem Hund, Diesel und Erinnerungen. Ich liege vorne, Schnauze auf dem Fensterrahmen, die Ohren halbwach, das Herz voll Fernweh. Der Alte fährt. Mit diesem Blick, der sagt: Ich hab alles verloren, aber vielleicht finde ich noch was. Und ich? Ich glaube ihm.
Denn ich weiß, wie es ist, wenn dir das Leben erst den Knochen hinhält – und ihn dir dann wieder wegnimmt.
Dies ist meine Geschichte. Ein schöner Hund auf Reisen. Mit einem alten Mann, der seinen Namen verloren hat und einem Leben, das noch nicht zu Ende ist.
Wir fahren Richtung Pamir Highway. Richtung Staub. Richtung Himmel. Richtung Wahrheit. Irgendwo in der Türkei, Georgien oder Russland stoßen dann Harald und Gerhard noch zu uns mit denen wir dann einige Monate gemeinsam reisen. Das wird lustig, denn Harald ist genauso ein bekloppter Hund wie mein Alter, nur kocht er besser. Und Gerhard; der hat schon mehr Länder bereist als eine 90jährige Oma alt wird. Ich glaube der wird der neutrale Ruhepol in der Gruppe wenn die Anderen keinen Wein mehr haben.
Ich bin übrigens sein erster Hund. Merkt man, aber er ist auch mein erstes "Herrchen" ich nenne ihn aber "Alter" und auch das merkt man. Da ich Teils Beagle, teils Wolf und teils Faultier bin habe ich meinen eigenen Kopf was meinen Alten oft nervt. Aber wir sind füreinander bestimmt.
Und wenn du wissen willst, was unterwegs passiert – dann bleib dran. Ich erzähle alles. Ohne Maulkorb. Denn das Leben ist manchmal eine verdammte Straße.
Und nur wer bellt, wird gehört. – Castor
2 Kommentare:
Hallo Castor ich freue mich schon auf ein Wiedersehen und die danach folgenden Wochen wir werden gemeinsam viel erleben und manch stimmungsvollen Abend gemeinsam verbringen pass auf deinen Alten gut auf
Danke aber es ist nicht leicht auf den Trottel aufzupassen 🤣🤣🤣
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