Drinnen roch alles nach Bleistiftminen, Lederaktenkoffern und altem Stress. Mein Alter hatte den dicken Ordner dabei, vollgestopft mit Papieren, Pässen, Passfotos und vermutlich auch ein paar alten Brotkrumen vom letzten Campingstopp. Ich trabte ihm nach, Schwanz hoch, Nase vorne, bereit für jedes Abenteuer.
Und ja – der Scanner piepte, als ich durchlief. Irgendein verdammter Metallclip
an meinem Geschirr, oder vielleicht mein geheimer Superhundechip, der auf russischen Frequenzen sendet – wer weiß das schon. Jedenfalls: kein Mensch hat's gemerkt. Ich war drin. Illegal, aber charmant.Die Jungs hinterm Schalter – allesamt in Anzügen, so glatt wie frisch gebügelte Betten – waren erstaunlich nett. Keine Spur von Klischee-KGB oder frostigem Blick. Nein, sie lächelten sogar, als sie uns sahen. Ich glaub, mein Alter war überrascht. Der rechnete eher mit einem Verhör als mit einem Kopfnicken.Und dann – natürlich. Mein Alter hatte wieder mal nur die Hälfte gelesen. Die Hälfte, die er für wichtig hielt. Die andere, wichtigere Hälfte – tja, vergessen. Es fehlten Papiere. Irgendwas mit Versicherung oder Einladung oder vielleicht dem Beweis, dass wir wirklich nur durch Russland durchfahren und nicht gleich in Wladiwostok ein Datscha kaufen wollen.
300 Kilometer Anfahrt, ein halber Tank Sprit, ein voller Magen Frust – für die Katz. Oder besser gesagt: für den Hund. Für mich. Denn ich durfte zwei umwerfende Russinnen abschlecken, die sich köstlich amüsierten, als ich ihnen Bussis ins Gesicht drückte. Die eine roch nach Lavendel, die andere nach Kaugummi und Entschlossenheit. Ich glaube, ich hab mich ein kleines bisschen verliebt.
Mein Alter stand derweil daneben wie ein alter Wolf im Regen. Genervt, abgekämpft, kurz vorm Aufgeben. „Scheiß drauf“, knurrte er. „Fahren wir eben nach Schweden.“ Ich sah schon Elche vor meinem inneren Auge tanzen.
Doch dann kam der Lichtblick. Der nette Typ am Schalter – ich nenn ihn einfach mal Igor – erklärte alles ganz ruhig. Man braucht gar kein Visum vorab. E-Visum reicht, um von Georgien nach Russland rein. Raus nach Kasachstan ist kein Thema. Und wenn wir dann zurück nach Russland wollen, einfach in Kasachstan ins Konsulat, Transitvisum beantragen, drei bis vier Tage warten – fertig.
Mein Alter atmete tief durch. Ich hörte das Zischen in seiner Lunge, wie ein alter Dampfkessel, der endlich Druck ablässt. Plötzlich sah ich es in seinen Augen: den Plan, die Richtung, den verdammten Horizont. Pamir ruft. Und diesmal hört er wirklich hin.
Ich sprang ihm ans Bein, schleckte ihm die Hand, als Zeichen: Du und ich, Alter. Wir machen das. Russland, Kasachstan, Pamir – scheiß auf die Bürokratie. Solange es Abenteuer gibt, solange die Straße ruft, solange ich auf dem Beifahrersitz in die Welt glotzen kann – geht die Reise weiter.Und morgen… morgen ist der große Tag der Typisierung. Wieder so ein Ding mit Formularen, Stempeln und Leuten mit ernsten Gesichtern. Ich seh schon, wie mein Alter heute Abend nochmal alles dreimal durchgeht. Hoffentlich hat er jetzt wirklich alle Unterlagen dabei. Denn wenn das klappt – dann geht’s am Wochenende endlich los.
Dann kommt nicht nur der Pamir näher, sondern auch der Moment, auf den ich so lange gewartet hab: Türen auf, Motor an, Nase in den Wind.
Never stop discovering. Auch wenn du vorher durch die Hölle der Bürokratie musst. – Castor 🐾
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen