Die Wüste in der Westsahara bei Ad-Dakhla erstreckte sich endlos vor mir, ein Meer aus Sand, das unter der sengenden Sonne weiß glitzerte. Ich war allein, ein Fremder in einer Welt, die mir fremd war. Ich ruhte mich gerade von der langen fahrt aus. Plötzlich erblickte ich ihn: einen alten Mann, der inmitten dieser kargen Landschaft saß. Er wirkte wie ein Schatten, der sich kaum von der Umgebung abhob.
Seine Kleidung war ein Flickwerk aus alten Jacken, die ihn vor der sengenden Hitze und den kühlen Nächten schützen
sollten. Seine Haut, gegerbt von der Sonne und den Winden der Wüste, erzählte von einem Leben voller Strapazen. Offensichtlich einer der benachteiligten Sahrauis in der Region. Er saß da, 200m entfernt, still und beobachtete mich. Zwei Stunden lang. Erst dann fasste er den Mut, heranzukommen und mich anzusprechen. Seine Stimme klang rau in seiner Sprache Hassaniya aber voller Hoffnung, als er mich mit einer Geste um etwas zu essen bat.In diesem Moment war ich wie gelähmt. Unsicherheit überkam mich. Was sollte ich tun? Wie sollte ich mich in dieser Situation verhalten? Ich spürte die Last der Verantwortung auf meinen Schultern und zögerte. Und dann kam es, das Wort, das ich bis heute bereue: Non.
Ich lehnte seine Bitte ab. Ich weiß nicht, was mich dazu trieb. Vielleicht war es Angst, vielleicht Unsicherheit, vielleicht auch nur der Wunsch, diese Begegnung schnell hinter mich zu bringen.
In diesem Moment sah ich in seinen Augen eine tiefe Enttäuschung. Einen Schmerz, den ich nie vergessen werde. Er stand auf und ging weiter, ohne sich umzuschauen. Doch sein Blick, dieser Ausdruck von Verzweiflung, verfolgte mich.
Heute, wochen später bedaure ich meine Entscheidung zutiefst. Ich schäme mich für meine Kälte und mein Mitgefühlslosigkeit. Ich hätte ihm helfen können, auch wenn es nur ein kleines Zeichen der Menschlichkeit gewesen wäre.
Sollte es ein Zufall gewesen sein, das wenige Tage später 2 Saharauis mich aus dem Minengürtel des BERM geleitet haben und mir damit vielleicht das Leben gerettet haben??
Auch diese Begegnung hat mich verändert. Sie hat mich gelehrt, wie wichtig es ist, offen für andere zu sein und ihnen mit Mitgefühl zu begegnen. IMMER! Sie hat mir gezeigt, dass wir alle miteinander verbunden sind, egal wie unterschiedlich unsere Leben auch sein mögen.Ich werde diesen Mann nie vergessen. Und ich werde immer daran erinnert, dass auch die kleinste Geste der Freundlichkeit einen großen Unterschied machen kann.
Auch mein Vater der als 20jähriger in russischer Gefangenschaft 4 Jahre verbracht hatte, hatte mir oft erzählt wie russische Soldaten mit ihm ihr letztes Brot und Kartoffeln geteilt haben.
Auch wenn ich mit Gepflogenheiten wie Weihnachten nichts am Hut habe, stimmt es mich dennoch gerade jetzt nachdenklich während ich auf meiner Rückreise aus der Westsahara in Asturien alleine am Strand sitze und auf die Brandung schaue.
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