Marokko und Westsahara wie man 7 (i.W. sieben) Wochen ohne Wein überlebt - eine Anleitung aus der ErFAHRung

Die Wüste ist ein gottverdammter Ort. Sie hat keine Gnade, keine Regeln, keine Geduld. Sieben Wochen in der Westsahara und Marokko ohne Wein? Das ist keine Reise, das ist eine spirituelle Entziehungskur, ob du willst oder nicht. Hier ist, wie du das überlebst – oder daran zugrunde gehst.

Woche 1: Der Schock der Trockenheit

Die ersten Tage denkst du noch, das wird ein Kinderspiel. Du fährst durch endlose Stein- und Sandlandschaften, das Radio spielt nichts als statisches Knacken, und du redest mit deinem Fahrzeug, als wäre es ein alter Freund. "Du und ich, wir schaffen das", flüsterst du, während du einen Schluck lauwarmes Wasser aus der Flasche nimmst. Kein Wein? Kein Problem. Noch nicht. 

Harald, mein treuer Reisegefährte, ist in seinem Toyota unterwegs. Wir reden den ganzen Tag über Funk, werfen uns Sprüche an den Kopf und halten uns gegenseitig bei Laune. "Vielleicht finden wir irgendwo was", sagt Harald einmal. Seine Hoffnungen werden von der Realität der Wüste schnell erstickt.

Aber dann kommt der Abend. Der Himmel ist ein gottverdammtes Gemälde, Sterne, die dich mit ihrer kalten Schönheit anstarren. Und du sitzt da mit deinem Gourmet Kamel das Harald mit Liebe auf dem Grill zubereitet hat und denkst: "Ein Glas Rotwein wäre jetzt perfekt." Am Lagerfeuer läuft das Gespräch weiter. Harald hält seinen Tee hoch und meint, es würde "eh besser als Wein schmecken". Lügner.

Woche 2: Die Suche nach Ersatz

Die zweite Woche ist die Hölle. Du beginnst,

nach Alternativen zu suchen. Vielleicht ein starker Kaffee? Oder diese schäumenden Zuckerbomben, die sie in den winzigen Läden verkaufen? Harald, der Optimist, schleppt eine Flasche Dattelwein an, die aussieht, als würde sie in einem Labor hergestellt. Wir nehmen einen Schluck und stellen fest, dass sie nicht wie Wein schmeckt, sondern wie eine Mischung aus Motoröl und Verzweiflung. Aber hey, wir haben es versucht.



Woche 3: Akzeptanz – oder so etwas Ähnliches

Hier wird es merkwürdig. Dein Körper hat sich an die Abstinenz gewöhnt, aber dein Geist rebelliert. Du siehst eine Flasche Olivenöl und denkst: "Vielleicht, wenn ich es richtig kühl stelle...?" Harald erwischt mich dabei über Funk und bricht in schallendes Gelächter aus. "Du brauchst Hilfe, mein Freund", sagt er, während er sich am Lagerfeuer seinen Tee einschenkt wie ein feiner Sommelier.

Du erwischst dich dabei, wie du beim Sonnenuntergang mit einem leeren Glas in der Hand sitzt, nur um das Gefühl von Normalität zu simulieren. Die Berber lachen. Sie denken, du bist verrückt. Vielleicht haben sie recht.



Woche 4: Der Wendepunkt

Dann kam Flo. Flo, der Retter, der Held, der verdammte Heilige. Er tauchte aus dem Nichts auf, in seinem vollgepackten Geländewagen mit zwei Kisten Rotwein aus Spanien auf der Ladefläche. Zwei Kisten! Harald und ich brauchten eine Minute, um zu realisieren, dass wir nicht hallucinierten. Wir umarmten ihn, als wäre er der verlorene Bruder, den wir nie hatten.

Die ersten Flaschen öffneten wir noch am selben Abend. Der Wein war warm, und der Sand knirschte zwischen den Zähnen, aber es war der beste verdammte Wein, den ich je getrunken habe. Harald hielt eine Rede über Freundschaft und Hoffnung, während ich die zweite Flasche aufmachte. Sieben Tage hat der Vorrat gehalten. Sieben glorreiche, gottverdammte Tage. Danach war der Absturz umso härter.



Woche 5: Ein Schatz in Quarzazate

In der fünften Woche passierte das Unfassbare. Wir hatten Quarzazate erreicht, die "Stadt der Tore zur Wüste", und stießen auf eine kleine, unscheinbare Höhle. Die Cave im Carrefour. Ein alter Mann winkte uns herein. Harald und ich tauschten skeptische Blicke über Funk, aber unsere Neugier gewann. Drinnen, in einer Ecke, standen Regale voller Flaschen marokkanischen Weines – verstaubt, vergessen, wie eine Szene aus einem Abenteuerfilm. "Das ist ein Geschenk des Himmels", sagte Harald feierlich. Wir bunkerten die Flaschen wie wertvolle Reliquien und feierten am Abend mit einem Glas, das nach Staub und Hoffnung schmeckte. "Es ist nicht Bordeaux, aber es ist verdammt nah dran", sagte ich und Harald lachte, bis ihm der Tee aus der Nase kam.



Woche 6: Die innere Leere

Die Wüste hat uns gebrochen. Du siehst Kamele und denkst, sie lächeln dich spöttisch an. Harald beginnt, Geschichten über vergangene Weine zu erzählen, als wären es alte Liebschaften. "Weißt du noch, der Merlot in Marrakesch?" Ich nicke, während ich meinen Kopf in die Hände stütze. Alles, was wir tun, hat einen Hauch von Tragik. Harald macht ein Feuer, um die Nacht wärmer zu machen, aber nichts kann das Loch in unseren Herzen füllen. Wir beginnen, Gedichte zu schreiben, über den Wind und den Sand. Sie sind schlecht, aber wir sind zu erschöpft, um uns darum zu kümmern. Und langsam komme ich mir vor wie die Katze vor dem Restaurant in Tazenacht, in dem es wieder nur Wasser und Tee gibt.



Woche 7: Erlösung

Die letzte Woche ist ein Nebel. Wir sind in einer Art Trance. Die Wüste hat uns gereinigt, aber auch ausgezehrt. Harald schäumt seinen letzten Tee auf und sagt: "Vielleicht brauchen wir gar keinen Wein." Ich schätze seine Willenskraft, aber ich weiß, dass er lügt.

Zurück in der Zivilisation riechen wir den ersten Hauch von Alkohol in einem kleinen Laden. Unsere Knie werden weich, und wir kaufen die erstbeste Flasche, die wir finden. Wir sitzen auf unseren Klappstühlen und nehmen den ersten Schluck. Es schmeckt nach Sieg, nach Erlösung, nach allem, was gut im Leben ist.

Sechs Wochen ohne Wein? Das überlebt man, aber nur knapp. Die Wüste mag uns stark gemacht haben, aber sie hat uns auch gelehrt, die kleinen Dinge im Leben zu schätzen – wie eine verdammte Flasche Rotwein.

PS: Woche 7 gilt nur für Harald

.... da ich ja noch einige Wochen weiter in der Westsahara durch den Minengürtel gurken muss. Vielleicht auch besser so ohne Wein! 





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