Innenstadtsafari auf vier Rädern Oder: Warum größer nicht freier macht

Ich stehe hier in Marokko.

Im Ksar Tafnidilt. Ein Ort aus Lehm, Wind und Geschichten, die keiner aufschreibt.

Fünf Expeditionsmobile parken hier wie Beton-Buddhas auf Reifen.
Zwei kleinere Fahrzeuge auch. 


Eines davon ist meins. 

Und ich sehe etwas, das mir nicht mehr aus dem Kopf geht:
In den Expeditionsmobilen lebt keiner draußen.

Das Leben findet drinnen statt.
Innenstadt in Afrika.

Vorhänge zu. Klimaanlage an.
Espressomaschine an einem Ort,
an dem früher nur Feuer und Geduld funktioniert haben.

Sie sitzen drin, als würde draußen gleich etwas passieren, das ihre Versocherung nicht abdeckt.

Und ich frage mich:
Ist das Freiheit?
Oder einfach nur Eigentum auf Weltreise?

Diese Häuser auf Rädern kosten mehr als mein gesamtes Leben.
Sie fressen Diesel wie ein nasser Hund Wasser.
Sie sind so schwer, dass selbst die Wüste seufzt, wenn sie weiterrollen.

Aber das Schlimmste:
Sie schaffen Abstand.

Du sitzt da oben wie ein König ohne Reich, blickst nach draußen wie auf einen Dokumentarfilm
mit beschmutzem Bildschirm.

Du hörst den Wind nicht.
Du riechst die Nacht nicht.
Du weißt nicht, wie hart echte Stille auf die Brust fällt.

Du kennst nur Leder gegen Einsamkeit.

Abends sehe ich sie leuchten wie Aquarien.
Fernsehbilder in der Finsternis.
Europa im Geländegang.



Keiner sitzt draußen.
Keiner redet mit irgendwem.
Keiner sitzt einfach da und hält die Leere aus.

Und ich sitze vor meinem Auto,
auf einem wackligen Stuhl, mit heißem Tee und kalten Gedanken.

Mein Wagen ist klein. Aber er lässt das Leben rein.

Ich brauche keine Festung.
Ich brauche Himmel.

Ich bin nicht hierher gefahren,
um mich zu isolieren –
sondern um durchlässig zu werden.

Der Wind soll durch mich durchgehen.
Die Nacht darf wehtun.
Der Staub soll mir die Wahrheit ins Gesicht reiben.

Afrika darf nicht draußen bleiben.
Es muss reinkommen.

Und während sie drinnen über Stromverbrauch reden
und über die richtige App für die Freiheit, sitze ich hier und höre dem Ort zu.

Vielleicht bin ich unbequem.
Vielleicht lebe ich ohne Bedienungsanleitung.

Aber ich lebe.

Und das ist mehr,
als man in einem rollenden Wohnzimmer jemals lernen kann.

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