Abschied von meinem alten Leben - Auf zu neuen Ufern

Ich stehe am Rand meines geräumigen Wohnzimmers und lasse meinen Blick über die Möbel gleiten, die ich jetzt hinter mir lassen werde. Der Schreibtisch, an dem ich unzählige Stunden verbracht habe, die riesige Couch, auf der ich mich abends erschöpft niederließ, das große Panoramafenster, durch das ich unseren Garten betrachten konnte – all das gehört jetzt der Vergangenheit an. Ein leises Lächeln spielt um meine Lippen, als ich daran denke, dass dies mein letzter Abend in diesem Haus sein wird.

Es war keine spontane Entscheidung gewesen, sondern eine lange gereifte Einsicht, die vor allem durch den plötzlichen Tod meiner Frau beschleunigt wurde. Ihr unerwarteter Verlust hat mir schmerzhaft vor Augen geführt, wie vergänglich das Leben ist und wie wenig all die materiellen Dinge letztlich bedeuten. Jahre des Termindrucks, des ständigen Hetzens nach Geld und Anerkennung, hatten ihre Spuren hinterlassen. 

Die Nächte, in denen ich schlaflos im Bett lag und überlegte, wie ich den nächste Geschäftsabschluss meiner Interim Kunden unter Dach und Fach bringen würde. Die ständigen E-Mails und Anrufe, die keine Pause kannten – all das hatte mich ausgefüllt, aber auch ausgezehrt. Selbst mein 100.000 € Defender, der mir einst so viel Freude bereitet hatte, erschien mir mittlerweile wie eine matt grau glänzende Fessel, die mich an ein Leben band, das ich nicht mehr wollte. Ein 8 Jahre alter ISUZU wird mich künftig ans Ende der Welt bringen.

Nun stehe ich also da, bereit, Abschied zu nehmen. Abschied von 200 Quadratmetern Luxus in Ingolstadt, die mich nicht mehr glücklich machen. Stattdessen ziehe ich in eine neu renovierte 40-Quadratmeter-Bude im 200 Jahre alten Bauernhaus meines Sohnes in der Südoststeiermark. Es ist einfach, es ist luxuriös bescheiden, und es ist genau das, was ich brauche. Dieses Haus soll die Basis meiner zukünftigen Overland Touren werden, die nicht mehr durch Zeit begrenzt werden. ZEIT ist meine neue Währung.

Ich blicke aus dem Fenster und stelle mir vor, wie ich mit Harald auf unserer Neverending Tour nach Eurasien durch das Pamir- und Karakorum Gebirge und Saudi-Arabien und dem Oman unterwegs sein werde. Wir haben keinen festen Plan, wissen nicht, wo wir landen werden, und genau das macht den Reiz aus. Wir wissen nur, wir wollen in Georgien so viele erstklassige Winzer der 5.000 jahre alten Weinkultur kennen kernen wie möglich. Freiheit, Abenteuer und das Leben in seiner puren Form – das ist es, wonach ich mich sehne.

In den letzten zwei Tagen habe ich fünfmal mein Handy in der Ladestation vergessen. Früher wäre das ein Grund zur Panik gewesen, heute ist es mir fast schon egal. Eine Uhr trage ich gar nicht mehr. Zeit ist relativ geworden, unwichtig in einem Leben, das nicht mehr von Terminen und Fristen bestimmt wird.

Jetzt sitze ich in unserer alten Scheune und lausche dem prasselnden Regen. Ein Gewitter zieht auf, und die Luft ist elektrisch aufgeladen. In meiner Hand halte ich eine Flasche "Gemischter Satz". Ich lächle bei dem Gedanken, dass 99% der Menschen nicht wissen, was das ist. Es ist ein Symbol meiner neuen Einfachheit, meiner Rückbesinnung auf das Wesentliche.

Ich nehme einen tiefen Schluck aus dem Weinglas und lasse den Geschmack auf meiner Zunge zergehen. Ich weiß, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe. Ein neues Kapitel beginnt, frei von den Ketten der Vergangenheit, und ich bin bereit, es voll und ganz zu leben. Meine und unsere Trips könnt ihr hier auf meinem Blog www.overland.4x4.de verfolgen.