Surfen – Kiten oder der Wind und die Kälte

Der Wind pfeift.

Ab Mittag. Immer.
Starr. Hart. Wahr.
Ich sitze im Sand der Westsahara, die Sonne brennt auf den Rücken, Salz auf den Lippen.
Drachen fliegen am Himmel. Kitesurfer lachen. Fast zu sauber. Sie wissen nichts von früher. 

Ich sehe mich selbst. Vierzig Jahre jünger.
Am Strand. Stundenlang.
Nichts zu tun, und doch alles zu fühlen.
Bretter aufbauen, Segel ausrollen, Schrauben nachziehen, Leinen checken.
Bis der Fünfer kam, warteten wir.
Dann Siebener. Acht. Neun.
Sturmsegel. Mastbruch? Gabelbaum knackt? Alles möglich.

Und dann der Bullit von F2


F2 Bullit. Mein Tier.
Speedsurfen. Ich war besessen.
Ein falscher Wasserstart, und ich ersoff. Einfach so.
Die Wellen rissen mich, das Segel schlug auf, ich kämpfte.
Aber wenn man das Brett zähmte…
Dann donnerten wir über die Wellen, bis das Wasser an der Finne kochte, die Kavitation einsetzte, Spinout.
Alles vibrierte, alles brannte, das Adrenalin schoss.
Und dann, unweigerlich: der Sturz.
Der Aufprall, das Wasser, wie Beton das einen verschluckt, das Herz im Hals. Aber danach… wieder raus, wieder aufs Brett, wieder den Wind fangen.

Die Welt verschwand. Nur Wind. Nur Brett. Nur Geschwindigkeit.
Der Körper brannte, die Muskeln schrien, das Herz hämmerte.
Und man liebte es.



Ich erinnere mich an den Schmerz im Rücken, die Blasen an den Händen, das Salzwasser in den Augen. Jeden Sturz, jede Welle, jede Sekunde… alles lebendig.

Wir waren jung, wir waren wild, wir waren fit. Nicht für das Leben draußen. Sondern für das Leben auf dem Wasser.

Jetzt sitze ich hier. Der Rücken knackt, die Hände zittern, aber der Wind… Der Wind ist derselbe wie damals.

Ich trinke Tee, starre aufs Wasser. Höre die Drachen singen, die Leinen zischen. Und plötzlich bin ich wieder am Strand. Warte auf den Fünfer. Fühle den Siebener. Spüre den Acht. Neun.

Das Salz, den Schmerz, die Freiheit.

Vielleicht noch einmal.

Nicht Windsurfen. Nicht wie früher.

Kiten.

Nicht um jung zu sein. Nicht um zu glänzen. Sondern um zu spüren.

Mich selbst wieder zu spüren. Die Knochen schmerzen, die Muskeln erinnern sich, das Herz fliegt.

Der Wind lügt nie. Und vielleicht, nur vielleicht, reicht es, ihn einfach zu hören. Ein letztes Mal. Und alles andere verschwindet.


Wer wissen will was echtes Speedsurfen ist, schaut sich das folgende Video an.

https://youtu.be/jt3DQNUJXkc?si=lMTF7z8PzfH4k2Ng

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